Zuchtbericht L 240

   Vorab bitte ich, die teilweise schlechte Bildqualität zu entschuldigen, da ich keine professionelle Fotoausrüstung gerade für Nahaufnahmen zur Verfügung habe.                                                                                                                                                  

Zuchtbericht Segelflossen-Rüsselzahnwels L 240

 

W

M

Im Jahr 2013 wurden drei Wildfänge mit einer Größe von ca. 10-12 cm angeschafft, in der

 Hoffnung, dass sich ein Pärchen darunter befindet.

Nach ca. einem Jahr und einer mittlerweilen erreichten Größe von etwa 20 cm konnten die

 Fische als zwei Weibchen und ein Männchen identifiziert werden.

Nun war Geduld gefragt, ob sich ein laichwilliges Paar findet.

Nach zwischenzeitlichem mehrfachen Scheinbalzen war es dann am Montag, 19.01.2015,

 soweit; das W. hielt sich bereits seit zwei Tagen andauernd in der Bruthöhle auf, das M.

 zeigte sich ab und zu vor dem Höhleneingang. Am Montagabend entwickelte sich dann ein

 hochinteressantes Liebesspiel zwischen den beiden. Es schien, als wollte das M. mit in die

 relativ enge Höhle reinschlüpfen, was aber nicht ging. Das W. kam halb aus der Höhle raus

 und “befummelte” oder liebkoste die Kopfpartie des M. und signalisierte wahrscheinlich so,

 dass es laichbereit ist. Danach drehte sie sich mehrfach um die eigene Achse in der Höhle.

Eine weitere Beobachtung ließ ich dann sein, da es schon zu nächtlicher Stunde war,

und ich nicht riskieren wollte, die Fische in ihrem normalen Tag-Nacht-Rhythmus zu stören.

Das Interesse war natürlich am nächsten Morgen entsprechend groß, und die Welse haben

 mich nicht enttäuscht: ein Haufen von geschätzt 100 gelben Eiern mit einem Durchmesser

 von ca. 3-4 mm lag lose auf dem Höhlenboden; das W. war hinter der Höhle verschwunden

 und das M. hockte vor der Höhle und bewachte den Laich (20.01.15) [pH 7,2/3°dKH/28° C].

 

An den nächsten Tagen passierte im Grunde genommen nicht viel, außer, dass das M. seine

 Brutpflege permanent intensivierte, indem es ständig die Eier ablutschte und die nicht

 befruchteten, weiß gewordenen Eier aus dem Haufen rauspickte und auffraß. Es scheint

 augenscheinlich zu sein, dass das ständige Ablutschen durch ein möglicherweise

vorhandenes Enzym ein eventuelles Verpilzen verhindert.

Am 5. Tag nach der Eiablage war der Haufen ziemlich auseinander gezogen und das M.

wedelte mit seinem ständigen Rein und Raus die Eier schließlich aus der Höhle.

Glücklicherweise war ich gerade vor Ort und konnte die Eier rechtzeitig einsammeln und in

eine Brutbox überführen, was ihnen aber gar nicht geschadet hat.

Es waren noch ca. 50-60 Stück übrig. Es zeichneten sich ein verdickter weißer Streifen und

mehrere ganz feine Blutbahnen ab.

Freitag, 23.01.15, bis Sonntag, 25.01.15: Entwicklung der Embryonen; erste Schwanzspitzen

durchstoßen die Eihülle, kleine schwarze Knopfaugen haben sich gebildet.

 

Montag, 26.01.15,: Fast alle sind schon geschlüpft, bis Mittwoch, 28.01.15, schaffen es auch

noch die anderen, bis auf drei; die haben nur mit dem Oberkörper aus der Eihülle geschaut und

sind möglicherweise an Entkräftung gestorben. Aber insgesamt ist das schon ein guter

Prozentsatz an geschlüpften Larven, die eine schmutzig-weiße Färbung haben.

 

Mittlerweile ist schon ein ganz schönes Gewusel in der Brutbox. Mit ihren kleinen Mäulern

 saugen sich die Larven an die Scheiben an oder wirbeln in der Strömung umher.

Seit heute, Samstag, 31.01.15, zeigen sich erste Pigmente in der Haut.

Es wird wahrscheinlich noch 3-4 Tage dauern, bis die Kleinen ihren Dottersack

aufgezehrt haben. Dann kommt die Stunde der Wahrheit; den richtigen Zeitpunkt und

das richtige Futterangebot für die erste Fütterung auszusuchen. Werden sie es annehmen

oder nicht?

Die Elterntiere haben inzwischen den Schock des Nestverlustes verdaut und bereiten sich

hoffentlich auf eine Wiederholung vor.

 

Fortsetzung folgt!

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18.02.2015

Fortsetzung:

Es gibt kein “Happy end”.

Leider ist die gesamte Brut vom vor allem bei Harnischwelsen allseits bekannten und

gefürchteten, durch Viren oder Bakterien hervorgerufenen “Blähbauch” dahingerafft worden.

Gestern ist der “Letzte Mohikaner” gestorben, obwohl schon recht gut entwickelt

und fast ohne aufgeblähten Bauch.

Da kann man nur hoffen, dass es beim nächsten Mal ohne Totalverlust endet.

 

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Wir schreiben das Jahr 2021.

Mittlerweile sind beide Weibchen vor einigen Jahren verstorben. Das verbliebene Männchen hat

 ein tristes Einsiedlerleben bis 2019 geführt, sich aber prächtig zu einem richtigen “Bullen”

entwickelt, sodass ich mich entschloss, seiner Einsamkeit ein Ende zu bereiten.

Nach längerer Suche nach einem seiner Größe entsprechenden W. bin ich bei

einem bayerischen Aquarianer fündig geworden, dem ich ein einzeln lebendes W.

abkaufen konnte; nochmals vielen Dank dafür! Es war zur damaligen Zeit nämlich gar

nicht so einfach, ein W. in der richtigen Größe zu finden. Zugegeben - es war damals auch noch

 erheblich kleiner als mein M., aber einen Versuch war es wert.

Nach dem Dazusetzen in sein Revier war erstmal ein klein wenig Aufregung und Argwohn,

das W. zog sich aber schnell außer Sichtweite zurück, sodass bald Ruhe einzog.

Die Zeit danach verging dann mit gegenseitigem Ignorieren, das W. war für mein M.

augenscheinlich noch zu jung.

Dann kam der März 2021. Das W. hatte in der letzten Zeit etwas an Umfang zugenommen,

und zu der Zeit begann eine erste vorsichtige Kontaktaufnahme. Desweiteren versuchte das W.

erstmals, die im Aquarium befindliche Bruthöhle mehrmals in Augenschein zu nehmen und das

Innere auf seine Größenverhältnisse hin auszutesten. Wie oben bereits beschrieben konnte

 man dann ab Anfang April das Liebesspiel der beiden beobachten. Das ging so mit kurzen

Unterbrechungen bis zum 10.04.21. Ich habe erstmal abgewartet, wie intensiv sich das ganze

gestaltet, und als ich merkte, die beiden meinen das wirklich ernst, kommen aber nicht so

recht weiter, habe ich es mit 50% WW nochmals zu stimulieren versucht.

Mit Erfolg - am nächsten Morgen war alles “erledigt”.

Meine größte Sorge war, dass das M. der Sache wieder nicht gewachsen war und es zu

rabiat mit dem Laichballen umgehen würde. Aber es hat augenscheinlich aus den Fehlern

beim ersten Mal gelernt und pflegt mit ausgesprochener Hingabe, zur Hälfte in der Bruthöhle

steckend, ständig Frischwasser zuwedelnd, seine mittlerweile geschlüpften Larven.

Diese sind jetzt ca. 1 Woche alt und fangen an, Farbpigmente zu entwickeln.

Leider kann ich nicht mit Fotos dienen, da das M. mit seiner Leibesfülle fast den ganzen

Höhleneingang ausfüllt. Nur wenn er mal kurz etwas aus der Höhle herauskommt, habe ich die

Chance, hinein zu leuchten und mir einen Überblick zu verschaffen. Rechts und links in den

Ecken zappeln zwei Häufchen Larven herum, jeweils geschätzt ca. 15 - 20 Stück.

Und was das wichtigste ist, sie zehren ihren Dottersack auf und sind nicht aufgebläht - bis jetzt!

Das signalisiert mir ziemlich eindeutig, die intensive Brutpflege durch das M. ist so gut wie

unabdingbar für eine erfolgreiche Aufzucht.

Ich halte Euch weiterhin auf dem laufenden...

 

Es gibt Neuigkeiten:

Ende April - die Larven, die zu erkennen sind haben ihren Dottersack im Prinzip aufgezehrt,

sodass ich vorsichtig mit wenigen Artemianauplien anfüttern kann, die ich mit einer Pipette in

 ihre “Wohnstube” hineinblase. Die Larven sind noch in der Höhle und das M. pflegt intensiv,

 kommt aber doch ab und zu mal für wenige Sekunden ganz aus der Höhle heraus.

Dann eines Morgens, in einer Ecke des Aquariums zappelt es. Ich dachte schon, es ist soweit,

und die kleinen Dinger schwärmen aus der Höhle aus. Ich konnte allerdings keine weiteren

entdecken. Schnell sammelte ich die 6 Ausreißer ein und gab sie in ein in das große Aquarium

 eingehängtes Mini-Aufzuchtbecken mit Sprudelstein. Da sah ich schon das Malheur:

Alle hatten einen ordentlichen Blähbauch. Jetzt geht das wieder los wie beim ersten Mal, dachte

 ich und war gespannt, ob es die anderen in der Höhle verbliebenen auch erwischt hat.

 

2 Tage später: Drei von den sechs separierten Babyfischen sind leider schon eingegangen.

Das M. ist nicht mehr in der Höhle - jetzt kommt die Stunde der Wahrheit.

Drei vorbereitete kleine Becken zum Splitten der Gruppe stehen bereit.

Vorsichtig habe ich die Laichhöhle angehoben, um die darin verbliebenen Fischlein heraus

zu schütteln - Überraschung > unter der Höhle war noch eine große Gruppe versammelt.

Diese war schon vorher unbemerkt aus der Höhle rausgeschlüpft und drängte sich eng an eng

in einer kleinen flachen Mulde.

So, jetzt Volkszählung > unglaublich - exakt 100 Stück sind zusammen gekommen.

Aufteilung wie folgt: je 10 Stück in ein 5-l-Becken ohne und in eins mit Bodengrund, sowie

80 Stück in ein 40-l-Becken ohne BG. Fünf Tage lang vorsichtiges Füttern mit Artemianauplien

und teilweise zerriebenem Trockenfutter (carnivor), täglich 20 % WW. Keine Blähbäuche

 erkennbar - aber die kleinen Dinger gehen nicht ans Futter!!! - in allen drei Becken.

Da kann man sich schon die Haare raufen. Woran kann es liegen?

Nach einer Woche habe ich alle in ein 60-l-Becken mit BG, vielen Versteckmöglichkeiten und

einigen Red-Fire-Garnelen umgesiedelt. Mittlerweile sind ein paar einzelne Fischlein

verstorben, augenscheinlich verhungert und es werden auch noch ein paar dazu kommen,

man kann die Kandidaten identifizieren. Aber die große Masse frisst endlich!!! Und die drei

verbliebenen Kranken aus dem Einhängeaquarium sind auf einem guten Weg - ihr Blähbauch

ist so gut wie verschwunden und fressen tun sie auch.

Ein erstes Fazit:

1. Für mich steht subjektiv fest, das brutpflegende M. ist so schlau gewesen, und hat die sechs

 kranken Larven aus der Bruthöhle rausgeschmissen, um die anderen zu schützen.

2. Die Larven brauchen sehr lange, bis sie soweit entwickelt sind, dass sie an das Futter gehen.

Das überleben nicht alle, nur die starken, bzw. wenn sie einen bestimmten Zeitpunkt

überschritten haben, ohne zu fressen, dann fressen sie gar nicht mehr und gehen ein.

So, und nun der Versuch einiger Fotos; es ist ein tüchtiges Gewusel:

 

Übrigens, zwei von den kranken, aufgeblähten Larven haben überlebt und gelten heute,

15.05.21, als geheilt (täglich ordentlich WW und ein paar Körnchen unjodiertes Salz).

 

15.06.2021

Ich habe immer noch einige im Elternbecken versteckte Jungfische herausfischen können,

sodass ich von insgesamt ungefähr 125 Stück geschlüpfter Larven ausgehen kann.

Wenn ich die verstorbenen abziehe, komme ich auf eine etwa 5 %ige Mortalitätsrate -

das ist einfach sagenhaft, fast unglaublich.

Die Fische machen derzeit einen sehr fitten Eindruck, fressen ordentlich und

wachsen dem entsprechend gut (z. Z. etwa 2,5-3 cm). 

 

Das nenne ich jetzt mal ein “Happy end”!